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Donnerstag, 1. Mai 2014

Wann genau ist man geizig und wann freigiebig?

Ibn Qudama: Wisse, dass Geiz und Freigiebigkeit verschiedene Stufen haben. Die höchste Stufe der Freigiebigkeit ist, dass man jemanden anderen sich selbst vorzieht (arab. īthār). 
Allah, der Erhabene, hat gesagt: 

وَالَّذِينَ تَبَوَّؤُوا الدَّارَ وَالْإِيمَانَ مِن قَبْلِهِمْ يُحِبُّونَ مَنْ هَاجَرَ إِلَيْهِمْ وَلَا يَجِدُونَ فِي صُدُورِهِمْ حَاجَةً مِّمَّا أُوتُوا وَيُؤْثِرُونَ عَلَى أَنفُسِهِمْ وَلَوْ كَانَ بِهِمْ خَصَاصَةٌ وَمَن يُوقَ شُحَّ نَفْسِهِ فَأُوْلَئِكَ هُمُ الْمُفْلِحُونَ


"und sie hegen in sich kein Verlangen nach dem, was ihnen gegeben wurde, sondern sehen (die Flüchtlinge gern) vor ihnen selbst bevorzugt, auch wenn sie selbst in Dürftigkeit leben. Und wer vor seiner eigenen Habsucht bewahrt ist - das sind die Erfolgreichen. [59:9] "


Ibn Qudama sagt, dass man genau dann nicht geizig ist, wenn man 1. die pflichtmäßigen Abgaben tätigt und 2. dieses Geben im Guten und mit offenem Herzen geschieht.

Zu 1.: Die pflichtmäßigen Abgaben sind zum einen die Zakat und zum anderen die Versorgung der eigenen Familie, für deren Unterhalt man aufkommen muss, d. h. Frau, Kinder und evtl. Eltern.

Zu 2.: Das Geben im Guten und mit offenem Herzen bedeutet, dass man es unterlässt, diejenigen zu beengen, denen man etwas gibt. Dies kann bei verschiedenen Menschen unterschiedlich sein. Von einem Reichen z. B. ist etwas anderes zu erwarten als von einem, der wenig oder fast kein Geld hat. Wenn ein Reicher seiner Familie jegliche Kleinigkeiten vorenthält, die über die absolute Grundversorgung wie Brot usw. hinausgeht, dann kann man ihn als geizig bezeichnen. Ein Armer hingegen, der ohnehin fast nichts hat und seiner Familie trotzdem nach Möglichkeit alles gibt und auch die Zakat, wenn er zakatpflichtig ist, nach bestem Gewissen gibt, und wenn dies alles auch nur etwas sehr Bescheidenes ist, ist nicht als geizig zu bezeichnen, sondern als freigiebig.

Beim Spenden für wohltätige Zwecke wie z. B. die Unterstütung einer Hilfsorganisation oder dem Bau einer Moschee gilt Folgendes:

Eine Spende von z. B. 10 EUR, die ein Student gibt, der fast nichts hat, entspricht vor Allah einer Spende von z. B. 1000 EUR eines wohlhabenden Mannes.


D. h. Geiz und Freigiebigkeit sind innere Eigenschaften, die man an den äußeren Abgaben immer nur verhältnismäßig entsprechend der Umstände messen kann.


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